Eine ganz andere Hauptstadt: Natur pur in Bratislava
Anreise als Workout
Nach vier Tagen Wien ging das Hauptstadthopping in seine letzte Runde. Nach Ungarn und Österreich sollte auch in der Slowakei die Hauptstadt das Ziel unserer Wahl sein. Im Grunde war die Entscheidung für die Hauptstädte immer eine Mischung aus Pragmatismus (die Flixbusse fahren die großen Städte logischerweise öfter, oder überhaupt, an) und dem Wunsch, auch etwas zu sehen (was in den Hauptstädten immer irgendwie geht). Über Bratislava wussten wir beide ziemlich wenig und hatten kaum Erwartungen. Das hatte sich aber in der Vergangenheit oft als Glücksfall erwiesen – und sollte sich auch dieses Mal als einer erweisen. Die Anfahrt begann ziemlich entspannt. Nur etwa 50 km trennen Wien und Bratislava, so dicht beieinander sind keine europäischen Hauptstädte. Zumindest, wenn man die Vatikanstadt nicht mitzählt. Einer kurzen Flixbusfahrt folgte eine noch kürzere Linienbusfahrt in den Stadtteil Karlova Ves, der etwas außerhalb und westlich des Stadtkerns liegt. Dort wartete allerdings dann der absolute Endgegner auf uns: die mit Abstand steilste Straße, die wir während einer Anreise bezwingen mussten. Eine Steigung von bestimmt über 20% plus etwa 30 Grad Außentemperatur und Sonne war eine ziemlich uncoole Kombination, vor allem dann, wenn man noch über 10 kg Gepäck auf den Schultern transportieren muss. Zum Glück hatten wir keine Rollkoffer dabei.
Pro und Contra vom Wohnen in der Natur
Belohnt wurde der Aufstieg aber mit einer ziemlich urigen Unterkunft. Wir hatten ein kleines zweistöckiges Haus inklusive Dachterrasse für uns alleine. Der obere Teil war Wohnraum mit kleiner Küche, Bad und Wohnzimmer, der untere Teil das Schlafzimmer. Der wirkte durch seine Steinmauern und der Dekoration aus der Sowjet- bzw. DDR-Zeit wie eine Mischung aus Museum und Schutzbunker aus dem Kalten Krieg. Klingt ungemütlich, tatsächlich war es hier aber immer ziemlich kühl, dunkel und absolut ruhig. Vielleicht haben wir während unserer Reise nirgendwo so gut geschlafen wie hier. Und generell haben wir uns in der Unterkunft ziemlich wohl gefühlt. Man hörte keinen Verkehrslärm und fühlte sich durch die Lage – und der Tatsache, dass das halbe Haus mit Pflanzen zugewuchert war – wie mitten im Wald. Das hatte allerdings auch ein paar Nachteile. Einer davon war ein sehr kleiner Warmwasserspeicher, durch den man in ungefähr fünf Minuten fertig geduscht sein musste, wollte man nicht erfrieren. Ein zweiter Nachteil war die Entfernung zum Supermarkt. Etwa 15 Minuten Fußweg bringen einen zwar nicht um, wir waren in Europa aber inzwischen wieder so verwöhnt, dass es uns fast ein wenig genervt hat. Und in Insektennetze sollte man vielleicht mal investieren, denn kleine Krabbelviecher fanden es dort nicht weniger gemütlich als wir.
Wandern in den Kleinen Karpaten
Die Karpaten sind ein Hochgebirge in Mittel-, Süd- und Osteuropa und erstrecken sich über acht Länder. Ein Teil davon sind die Kleinen Karpaten und befinden sich in der Slowakei und in Österreich. Unsere Unterkunft grenzte fast direkt an die ersten Ausläufer des Gebirges und wir waren innerhalb weniger Minuten zu Fuß in einem unendlich groß wirkenden Wald. Zweimal waren wir hier, weil wir es super schön fanden. Die meiste Zeit waren wir absolut alleine, man hörte nur die Geräusche des Waldes. Und riecht ihn. Und spürt ihn – in Form von Mückenstichen. Wären wir weit genug gelaufen, wären wir sogar bis zur österreichischen Grenze gekommen. Die Kleinen Karpaten waren definitiv eines unserer Highlights in Europa. Und damit ein klares Argument für low-budget-Reisen, denn ohne unser knappes Budget hätten wir wahrscheinlich eine Unterkunft in der Altstadt von Bratislava benommen und den Wald vermutlich nie kennengelernt. Wir mussten allerdings auch lernen, dass die Wanderwege, die Google Maps, maps.me oder Komoot vorschlagen, nicht immer die besten sind – wenn sie denn überhaupt existieren. Am Ende haben wir uns irgendwie über Trampelpfade durch den Wald zurück auf die Straße durchgeschlagen. Ging auch irgendwie. Sollte aber nicht das letzte Mal sein, dass uns Apps mit ihren Wanderrouten im Stich lassen würden…
Die Altstadt von Bratislava
Bratislava selbst musste natürlich auch ein Besuch abgestattet werden, auch wenn wir im Grunde unsere Zeit auch sehr gut in unserer Unterkunft oder im Wald hätten verbringen können. Die Busfahrt in die Altstadt hatte sich am Ende aber auch durchaus gelohnt, denn der Stadtkern ist klein, kompakt und ziemlich hübsch. Dass die Stadt früher Pressburg hieß und eine deutsche (bzw. österreichische) Vergangenheit hat, konnte man in der Altstadt an vielen Gebäuden und Restaurants erkennen. Wir hatten außerdem das Gefühl, dass Bratislava ein bisschen unter dem Radar fliegt und noch ein kleiner Geheimtipp ist, denn trotz Sonntag und der Nähe zu Wien war es in der Altstadt ziemlich leer und ruhig. Wir sind einmal durch die Gassen der Altstadt gelaufen, an Nationaltheater und Michaelertor vorbei und schließlich noch hoch zur Burg gelaufen, von der man einen guten Blick auf Altstadt und Donau bekommt. Auch, wenn wir nur kurz in Bratislava waren, uns hat es hier ziemlich gut gefallen. Würden wir in Wien wohnen, wäre Bratislava definitiv ein gutes Ziel für Sonntagstouren. So ist es zwar ein bisschen weit für einen Wochenendtrip, irgendwann wieder kommen wollen wir trotzdem. Und sei es auch nur zum Wandern in den Kleinen Karpaten!